Geschrieben
von Alex am 06. Juni 2002
Hallo
zusammen,
das Schlimmste wäre dann schon mal geschafft. Aber nun von Anfang
an.
Die Vorgeschichte ist ja bei den meisten fast gleich. Ich reiste
jedenfalls mit dem Zug an. Anfahrtszeit war so ca. 8 Std. Übernachtet
habe ich im Dachgeschoss des Kolpinghaus. Kann ich echt nur
empfehlen. Sehr nette Leute an der Rezeption und das Zimmer war
auch genial. Mir war ein TV wichtig (wegen der WM*g*).
Ich ging abends noch Essen in der Stadtmitte und hab mich echt
vollgefressen. Danach bin ich um 0 h ins Bett und um 7h wieder
aufgestanden und mich sofort geduscht und unter den Achseln
rasiert.
Dann um 7.45h ging ich Richtung Klinik. Von außen sieht es ja
irgendwie wie ein Kloster aus. Ach ja, wer mal Fotos will, soll es
mir einfach nur schreiben.
Am Empfang in der Klinik waren 3 Damen und darunter eine wie ich
finde sehr hübsche. Jedenfalls war das Licht dort so grell, dass
es nicht so schlimm rüberkam, dass ich erröte. Jedenfalls bat
mich gleich eine Krankenschwester ihr zu folgen. Keine 5 Min. später
stand er vor mir. Der Mann, der mein Leben verändern soll, Dr.
Tarfusser. Und ich muß sagen, ein echt sehr netter Mensch. Äußerlich
eine Mischung aus Mr. Bean und Sachsen-Paule, aber echt voll
symphatisch. Wir gingen in den Keller, wo noch ein Raum für uns
frei war.
Ich erzählte ihm meine Leidensgeschichte und er notierte sich
einiges daraus. Dann wollte ich noch was erzählen und merkte,
dass Ery gleich wieder kommt und er sah es dann deutlich. Er
meinte er sieht es, nur es kommt nicht so deutlich rüber, da ich
einen Sonnenbrand hatte vom Sonntag(Fußballspiel). Er sah es auch
an meinen Augen sagte er, die wurden größer und sie wurden etwas
gläsrig.
Dann erzählte er mir noch viele lustigere Sachen. Einer hatte
sich mal operiert lassen und wurde nicht mehr rot. Nur so wollte
er dann nicht weiterleben und hat sich dann tatsächlich die
Klammern wieder entfernen lassen, um wieder rot zu werden. Krass,
oder??
Wierrum eine andere Dame kam aus Irland, also etwas rötliche
Haare, aber weiß wie die Wand. Die war aber im Gesicht so
geschminkt als sei sie ein Neger. Als sie die Schminke entfernten,
wurde Sie wahnsinnig rot sagte Tarfi. Ein Rot wie er es vorher
noch nie gesehen hat.
Am Ende des Gesprächs sagte ich zu ihm, dass ich hoffe dass alles
gut geht, denn zumindest ist ja noch keiner dabei gestorben.
Jedoch erzählte er mir dann, dass wirklich mal 2 gestorben sind,
aber das in England war und der Doc dort nicht mehr operieren
darf. Verständlicherweise...
Dann ging wirklich alles sehr schnell. Auf dem Weg zu meinem
Einzelzimmer kam auch schon Dr. Friedrich. Wie ich finde auch ein
sehr netter. Machte auch den einen oder anderen schlechten Witz,
aber so stufte ich ihn ja vorher schon ein. Er nahm mir auch die
schönen Strümpfe und das Leibchen mit, das ich anziehen soll.
Alles andere, wie Piercings, Schmuck usw. mußte dann runter.
5 Min. später war es soweit. Ich wurde auf einer Bahre in den
OP-Saal geschoben. Ich lag da, die Arme ausgebreitet und Dr.
Friedrich spritzte mir zuerst 2 Medikamente rein und dann nur noch
eins und sagte ich soll tief durchatmen, das sagte er dann nochmal
und beim letzten mal sagte er"Nun denken sie an was schönes".
Fand ich voll nett von ihm. Schließlich wusste er was ich mir wünschen
werde. Nämlich ein Leben ohne Ery!!
Die OP dauerte 70 Minuten. Danach weiß ich nur, dass ich in
meinem Zimmer aufwachte und der Puls gemessen wurde. Doc Tarfusser
kam dann rein und sagte dass alles gut verlaufen ist und nun
zwischen TH1 und TH 2 geklammert worden sei.
Nun zu mir, ich selbst hatte keine Schmerzen!! Mir war nicht mal
schlecht. Nur wenn ich tief eingeatmet habe oder gehustet habe,
gabs ein Stechen im Brustbereich. Das aber ganz normal sei und
bald weg ist.
Plötzlich bemerkte ich auch meine trockenen Hände. Aber ich habe
mir das schlimmer vorgestellt. Die sind zwar warm und trocken,
aber ich muß sie mir nicht ständig eincremen.
Was sehr krass war, war das Schwitzen an den Beinen. Die Strümpfe
waren völlig nass und an den Füßen selbst hatte ich richtige
Schweißperlen dran. Am Bauch schwitze ich fast gar nicht und Rücken
auch nicht. Das blieb auch bis jetzt so. Die Füße sind aber
meist kalt.
Die OP-Wunde schmerzt auch etwas. Aber ist auch nicht so schlimm.
Was sehr lästig war, war das ständige Pulsmessen. Immer wieder
wenn ich eingeschlafen wäre kam so eine Schwester rein. Zum Glück
war die Nachtschwester eine Deutsche. Die anderen vorher und auch
am Tag der Abreise habe ich ja überhaupt nicht verstanden. Waren
nur Italienerinnen. Aber viel hat man mit denen eh nicht zu tun.
Nur eben die Messerei. 3 Std. glaube ich wurde der Puls ¼ stündlich
gemessen, dann nur noch ½ stündlich und ab 2h nur noch stündlich.
Der Puls lag immer so zwischen 45 und 60. Also ziemlich ok.
Schmerztablette habe ich nur eine bekommen. Und die hätte auch
nicht unbedingt sein müssen.
Ich atme nun mehr durch die Nase. Da tut es nicht so weh, wenn ich
mal tiefer einatme.
Ach ja, ich wollte mich mal zur Seite legen abends. Da merkte ich
einige komische Geräusche im Magen. So ein Blubbern und das Herz
hörte ich auch stark klopfen. War irgendwie sehr unangenehm, aber
Doc. T. meinte es ist normal. Das sei noch von der OP und geht
weg.
Am Morgen kam dann Doc Tarfusser nochmal rein und wir redeten so
30 Minuten über die OP und sonstige Sachen. Ich glaube ich habe
1000 mal DANKE gesagt, aber wie sollte ich ihm denn auch sonst
danken?! Aber er sah mir es denke ich an, wie glücklich ich war.
Dann um 9.30h habe ich die Klinik verlassen. Ich ging mit einem
super Gefühl aus dem Hotel. Schon beim Zahlen wurde ich nichtmal
nervös.( So ca.2.998 €)
Aber eins muß ich sagen. Mit dem Auto hätte ich nie zurückfahren
können. Das wäre mir zu anstrengend gewesen. Kleinere Sachen wie
den Rucksack nehmen oder sich mal bücken waren schon nervig und
ich mußte tief durchatmen.
Im Zug dann beim Heimfahren saß ich mit 5(!!!!!) Frauen im
Zugabteil. Also normal der Horror pur. Aber 3 von denen lasen ein
Buch und 2 unterhielten sich auf eine komische Sprache.
Dann dachte ich mir jetzt oder nie und redete die blonde hübsche
Frau gegenüber von mir an und sie sagte sie kämen aus Dänemark.
Das war mir aber egal. Von mir aus wäre sie vom Mond gekommen.
Fakt ist, dass ich nicht rot geworden bin. Ich spürte zwar dass
was hochkommen will, teilweise auch durchdringt, aber sofort
wieder weg ist. Alex, was willst du mehr dachte ich mir. Und für
den Rest der Heimfahrt war ich überglücklich.
Mein Baseball-Cap war ja für mich auch immer ein Schutz. Eine
Zugfahrt ohne Cap war früher unvorstellbar, aber jetzt kein
Problem irgendwie, weil ich viel ruhiger bin. Früher als ich
jemanden sah oder jemand einen Raum betreten hat, gabs mir direkt
einen Stich durch meinen Bauch. Aber das ist nicht mehr der Fall.
Bin da nun zu ruhig.
Am Bahnhof zu Hause erwartete mich die einzige Freundin, die von
der OP wusste. Es wissen ja nicht mal meine Eltern davon.
Sie hat mich auch gleich etwas getestet und ich fragte ständig ob
sie was sehen konnte. Aber sie sagte"NEIN".
Das Gefühl des Rotwerdens kommt noch hoch, aber es ist eben nicht
so stark im Kopf und gleich wieder weg.
Was mir gerade etwas Sorgen macht ist mein rechtes Auge, das etwas
zuckt. Heute zum 4.mal ungefähr. Aber das hatte ich früher auch
manchmal. Ich denke es kommt nicht von der ETS.
Fazit: Für mich hat sich jetzt schon einiges geändert und ich
werde am Sonntag nach Mallorca fliegen mit einer Person, die
nichts von der OP weiß. Bin gespannt wie ich da überall
reagiere.
Danke an alle, die an mich gedacht haben!!
Ich hoffe nun Leben zu können.
Euer
Alex
Update von Alex am
27. November 2002
Es betrifft vor
allem alle ETS-ler bei denen die OP positiv verlaufen ist. Ich zähle
mich natürlich auch dazu*stolz*!
Findet ihr nicht, dass so Situationen, wo man früher errötet ist
nun anders sind. Ich meine manchmal denke ich mir, dass ich ohne
OP nun auch nicht mehr erröten würde. Das soll aber nun um
Gottes Willen nicht heissen, dass ich die ETS bereue. Aber
irgendwie bin ich wahnsinnig ruhig.
Erst gestern war ich mit 4 Kolleginnen beim Essen. Ery wäre des
öfteren gekommen. Weiß ich ganz sicher. Aber das so wahnsinnig
gute Gefühl kommt nicht mehr hoch. Ich denke die meisten ETS ler
wissen wie ich das meine.
Alles bestens. Nur habe ich seit 1 Woche wieder das Zucken am
linken unteren Augenlied. Es ist so alle 4-5 Minuten und dauert so
15 Sekunden. Es fällt nicht so recht auf, aber es macht mir
Sorgen. Die gleiche Art von Augenzucken hatte ich gleich nach der
OP für so 2 Wochen am rechten Auge.
Update von Alex am
15. Juli 2003
Hallo Leute!
Nun komme ich endlich dazu meinen Bericht zu schreiben.
Ich werde mich aber sehr kurz fassen, da ich ja das ganze Jahr über
sowieso immer alles Aktuelle von mir berichtet habe.
Meine OP war am 05.06.02. Sie ist auch unter den OP Berichten zu
finden.
Anfangs hatte ich starke Probleme mit dem rechten Auge. Das
Augenlied zuckte ziemlich oft. Das dauerte ungefähr 15 Sekunden
bis sich das Augenlied wieder beruhigt hat. Es wurde leichter nach
3 Wochen, aber plötzlich war es dann das linke Auge.
Meine Hände sind auch heute noch etwas trocken, aber man kann es
auch ohne Creme aushalten. Ich kann auch alles anfassen, wie z.B.
Papier, usw.
Geschwitzt habe ich anfangs stark. Das wurde aber mit der Zeit
immer leichter.
Nun schwitze ich nur noch am Rücken und an den Füßen. Aber nur
wenn ich merke, dass „es“ wieder kommen will.
Und es wird eben immer leichter, weil ich keine Angst mehr davor
habe, da es ja nicht mehr möglich ist rot zu werden.
Mein Puls ist auch etwas niedrig. Er liegt so bei 45-50. Aber das
soll so ganz normal sein sagte mir der Doc.
Meinen Sport(Fußball) betreibe ich immer noch und dabei habe ich
auch kein Problem. Nur damit, dass mich meine Freunde in der
Halbzeit darauf anreden, dass ich doch mal laufen soll, da ich ja
noch gar nicht schwitze ;-) Aber die meinen das nur aus Spaß, da
mein Trikot meistens klitschnass ist. Aber eben der Kopf keine
einzige Schweißperle hat.
Das Zucken mit dem Auge kam dann manchmal wieder. Es dauerte
unregelmäßig lange. Das längste bisher waren so April mal 3
Wochen. Aber es wurde dann wieder leicter und ist nun wieder
verschwunden. Ich denke mal das sind die Nerven die noch etwas von
sich hören lassen möchten.
Einen Monat lang hatte ich mal Herzstechen. Mal mehr, mal weniger.
Da mache ich mir immer große Sorgen. Aber das habe ich auch schon
lange nicht mehr.
Ansonsten bin ich natürlich durch die OP ein anderer Mensch
geworden und das erste Jahr als „Weißer“ war eines der schönsten
überhaupt. Ich konnte endlich alles machen worauf ich Lust hatte.
Somit bekam ich auch die Chance beruflich das endlich zu machen
was ich schon immer machen wollte.
Ab September bin ich dann bei der Polizei und da werde ich sicher
die ein oder andere Situation geniesen wo Ery gekommen wäre.
Angst habe ich natürlich schon auch noch oft. Was wenn ich 50,
60, 70 oder noch älter bin…
Wenn es wirklich so wird wie der Doc sagt kann ich auch ein langes
Leben haben, weil eben der Puls sich immer ruhig verhält. Aber
was eben wenn ich alt werde und der Puls noch mal zurückgeht?!?!
Naja, das sind Fragen, da werde ich mich später nochmal darum kümmern.
Ich bereue es auf keinen Fall, aber ich weiß nicht ob ich nochmal
den Mut hätte, es zu machen.
Ich kann nur jedem der die ETS machen will raten, sich vorher gründlichst
über die Nebenwirkungen und allem drum und dran Gedanken zu
machen. Es sieht alles leichter aus wie es ist. Und bei jedem
endet es vielleicht nicht so optimal wie es bei mir verlaufen ist.
Und wer weiß, vielleicht ist in einem Jahr wieder alles anders
und ich habe irgendwelche Beschwerden. Man kann ja nie wissen wie
man so eine OP verkraftet.
2 Leuten nochmal meinen größten Dank für das neue Leben! Und
zwar Doc Tarfi und Carsten.
Lieben Gruß
Alex
Red Bulle 888
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